9.206 Menschen starben in Deutschland im Jahr 2020 durch Suizid. * Weit über 100.000 Menschen unternahmen im Jahr 2020 einen Suizidversuch. * Etwa 60.000 Menschen verloren im Jahr 2020 einen ihnen nahestehenden Menschen durch Suizid. Nicht selten benötigen auch sie Unterstützung (nach Angabe der WHO sind von einem Suizid im Durchschnitt mindestens sechs nahe stehende Menschen betroffen). **
Das bedeutet ***:
- Alle 57 Minuten nimmt sich ein Mensch selbst das Leben.
- Alle 5 Minuten findet ein Suizidversuch statt.
- In den letzten 10 Jahren starben über 97.000 Menschen durch Suizid.
- In den letzten 10 Jahren gab es in Deutschland weit über 1 Million Suizidversuche.
- In den letzten 10 Jahren sind in Deutschland zwischen 500.000 und 1 Million. Menschen von dem Suizid eines ihm nahe stehenden Menschen betroffen
- Alle 9 Minuten verliert in Deutschland jemand einen nahe stehenden Menschen durch Suizid
* Die Angaben über vollendete Suizide beruhen auf den Angaben des Statistischen Bundesamtes vom November 2021. Da Daten zu den Suizidversuchen nicht systematisch erhoben werden, sind die Angaben Schätzungen auf Basis der Ergebnisse in kleineren Erhebungs-gebieten im Rahmen der Studie „Monitoring Suicidal Behaviour in Europe“ (publiziert in Schmidtke et al. 2001, 2004). ** Die Angabe von 6 betroffenen Angehörigen durch einen Suizid beruht ursprünglich auf einer Behauptung von Shneidman (1973) und tradierte sich als Schätzung bis hinein in WHO Publikationen. Eine erste Überprüfung von Berman (2011) ergab, dass die Schätzung den Kreis sehr nahestehenden Betroffenen relativ gut erfasste, dass aber durchaus darüber hinaus noch weitere Menschen betroffen sind. *** Weitergehende Berechnungen durch H. Müller-Pein & K. Wache.
Es gibt große Unterschiede zwischen den Bundesländern. Im Jahr 2020 hatten Sachsen-Anhalt (15,9) und Sachsen (15,6) die höchsten Suizidziffern. In Bremen ist sie am stärksten (+2,2) gestiegen. Das Saarland (9,3) und Nordrhein-Westfalen (7,6) haben die niedrigste Suizidziffer. Schleswig-Holstein hat die höchste Suizidziffer bei Frauen (7,1) und Sachsen-Anhalt bei Männern (25,9).
In Deutschland steigt die Suizidrate, bzw. das Suizidrisiko, mit dem Lebensalter (das sog. „Ungarische Muster“). In allen Altersgruppen sterben deutlich mehr Männer durch Suizid als Frauen. Beträgt die Suizidrate 2020 bei 20 bis 25jährigen Männern noch 10,8 (Frauen 3,1) steigt sie bei den 85 bis 90jährigen Männern auf 73,0 (Frauen 12,6).
Beim Vergleich der absoluten Zahlen mit dem Vorjahr (2019) fällt auf, dass es bei den jüngeren Menschen (15 bis unter 20 Jahre) einen Rückgang gegeben hat und bei den 20 bis unter 25jährigen einen leichten Anstieg der absoluten Zahlen. Auch in den älteren Altersgruppen ist die Entwicklung unterschiedlich. Wir wissen allerdings nicht, ob diese Entwicklung innerhalb der normalen Schwankungsbreite liegt.
Der Suizid wird zunehmend ein Phänomen des höheren Lebensalters. Im Jahre 2020 betrug das durchschnittliche Lebensalter eines durch Suizid verstorbenen Menschen 58,7 Jahre, 2000 lag es noch bei 53,9 Lebensjahren. Während das Sterbealter durch Suizid bei Männern konstant stieg, von 52,2 (2000) auf 58,5 Jahre (2020), schwankt es bei Frauen seit 2000 zwischen 58,3 und 59,7 Jahren.
Bei den Suizidmethoden dominierte 2020 das Erhängen (4.179) deutlich. Es folgen mit 1.284 Fällen sonstige Methoden 1, Medikamente (1.013), Sturz (980), Schusswaffen (657, fast ausschließlich Männer) und das „sich vor ein bewegen-des Objekt legen“ (488). Danach folgen Gase (353), Ertrinken (194) und Suizid durch Rauch/ Feuer (57).
* Auflistung sonstiger Methoden siehe unten.
Auffällig ist die deutliche Zunahme von Fällen des Suizids durch „Sonstige Methoden“ von 917 (2000) auf 1284 (2020) sowie Suizide durch Gase von 284 (2000) auf 353 (2020).
Die Suizidmethoden „Schusswaffe“ (657) und „Ertrinken“ (194) sind 2020 auf ihrem niedrigsten Stand im Vergleich zu den letzten 20 Jahren.
Insgesamt ist der Anteil der jeweiligen Suizidmethoden an der Gesamtzahl der Suizide in den letzten 20 Jahren relativ stabil, wobei über den Zeitraum ein langsamer Rückgang des Erhängens als Suizidmethode und eine tendenzielle Zunahme der Selbsttötungen durch Medikamente und Sturz zu verzeichnen ist. Auffällig ist die Zunahme von sonstigen Methoden 1 von 8,3 (2000) auf 13,9 (2020).
Unter Sonstige Methoden wurde von den Autorinnen zusammengefasst: X65 (Alkohol), X66 (organische Lösungsmittel), X68 (Schädlingsbekämpfungsmittel), X69 (nicht näher bezeichnete Chemikalien), X75 (Explosivstoffe), X77 (Wasser-dampf, heiße Dämpfe), X78 & 79 (scharfer & stumpfer Gegenstand), X82 (ab-sichtlich verursachter Verkehrsunfall), X83 & 84 (nicht näher bezeichnete Art und Weise). Besonders auffällig ist die Zunahme der unklaren Todesursachen.
Sowohl in der Altersgruppe 65+ wie bei den bis zu 64-jährigen ist das Erhängen die dominierende Suizidmethode. Im Vergleich mit der älteren Gruppe sterben Jüngere häufiger durch Gase oder auf Bahngleisen. Auffallend ist, dass die überwiegende Anzahl der Suizide durch Schusswaffen von Menschen jenseits des 65. Lebensjahres (und zwar überwiegen von Männern) verübt wird.